Verliebt, verlobt- verheiratet – oder lieber nicht?

„Verliebt, verlobt, verheiratet“ – die Familienplanung bildete über Jahrzehnte hinweg den Mittelpunkt der Lebensplanung von Frauen und Männern. Untermauert wurde der Werdegang durch Karriere, Geld und Luxusartikel. Seit einiger Zeit ist dieses System allerdings aus den Fugen geraten.

Die Anzahl der Single-Haushalte in Deutschland soll, laut Statistischem Bundesamt, in den nächsten zehn Jahren schätzungsweise um eine Million steigen. Die Eheschließung ist nicht mehr grundlegend nötig, um als Mitglied der Gesellschaft anerkannt zu werden. In einer Welt voller Möglichkeiten ist es zusätzlich schwierig, sich lebenslang auf etwas oder jemanden festzulegen. Zwar gibt es eine neue Gruppe Heiratswilliger – die Heirat gleichgeschlechtlicher Partner ist seit 2001 in Deutschland erlaubt – doch auch diese kann eine andere Misere nicht aufhalten: Überall heißt es, dass das Sozialgefüge nicht mehr funktioniere, da es inzwischen zu wenig Kinder und zu viele alte Menschen gebe. Andererseits nahm die Anzahl der Geburten 2010/2011 bundesweit wieder zu. Und auch, wenn es nicht mehr so viele wie früher sind, heiraten doch immer noch zahlreiche Paare.

Zusammenleben hat noch immer seinen Reiz

Seitdem die Ehe nicht mehr als die einzig akzeptable Lebensform gilt, haben sich immer neue Formen des Zusammenlebens entwickelt: Patchworkfamilien, Wohngemeinschaften, reine Frauen- oder Männer-Wohngemeinschaften und das Zusammenleben mit Freunden oder Bekannten unterschiedlicher Generationen, die zur Wahlfamilie auserkoren wurden. Es muss nicht gleich die Ehe sein – aber auf das Zusammensein mit anderen möchten die wenigsten Menschen dauerhaft verzichten. Das hat persönliche, aber auch praktische und finanzielle Gründe. Zusammenleben bedeutet, die Freuden und Beschwerlichkeiten des Alltags miteinander zu teilen, weniger Miete zu zahlen und sich zwischenmenschlich auf andere einzulassen.

Ein Kompromiss für die Ehe?

Eigentlich war die Idee der Ehe gar nicht so schlecht – aber für den Rest des Lebens? Und wann fängt der Rest des Lebens an? 2007 sorgte die Fürther Landrätin Gabriele Pauli für Aufregung, weil sie für eine Befristung der Ehe auf sieben Jahre plädierte. Dieser Vorschlag hätte als Problemlöser fungiert bei Ehen, in denen die Ehepartner nur noch aus Angst vor Trennung, finanzieller Abhängigkeit oder wegen Steuervorteilen zusammenblieben. Die katholische Kirche hielt dagegen, dass eine Eheschließung auf Zeit ein Widerspruch in sich sei – denn niemand gehe eine Ehe ein, wenn er sich später wieder trennen wolle. Der Vorschlag wurde abgeschmettert.

Ausblick

Seit den 1950er/60er Jahren hat sich unsere Gesellschaft rasant verändert. Das liegt unter anderem am Wandel der Geschlechterrollen: Die Ehe steht nicht mehr im Mittelpunkt des weiblichen Strebens; Frauen brauchen ihre Männer nicht mehr zu fragen, wenn sie einen Beruf ausüben wollen und sind finanziell weitaus unabhängiger als früher; Männer schätzen es mehr, wenn ihre Partnerinnen auf eigenen Füßen stehen; die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Mann und Frau ist durch die jeweilige Selbstständigkeit in den persönlichen Bereichen geringer geworden und gibt gleichberechtigten Partnerschaften eher eine Chance als zuvor; gleichgeschlechtliche Paare dürfen heiraten und Kinder adoptieren.

Ob der soziale Wandel weiterhin so schnell verläuft, ist fraglich. Aktuell sieht es so aus, dass Männer und Frauen sich erst einmal zurechtfinden müssen – mit ihren Rollen und neuen Herausforderungen, die das Leben an sie stellt: in Partnerschaft, Beruf und Zusammenleben.