„Tatort“ – der neue Kult im Ersten?

Das Phänomen Tatort beschäftigte im 40 jährigen Jubiläumsjahr 2010 nicht nur verschiedene Abschlussarbeiten an Universitäten. Auch das renommierte Institut für Demoskopie Allensbach am Bodensee hat sich der beliebten Serie gewidmet, die inzwischen in fast jedem Bundesland an einem Tatort ermittelt.

Lange galt der ARD-Sonntagabendkrimi als „Alte Leute“-Serie. Noch 2010 war der durchschnittliche Tatort-Zuschauer 56 Jahre alt. Betrachtet man die Zuschauerverteilung nach Altersgruppen aus dem Jahre 2010, dann stellten die ab 45jährigen mit insgesamt 50% definitiv die Mehrheit der Zuschauer. Doch die Jugend rückt nach, damals mit nur 16% vertreten, wird der Tatort heute regelrecht zelebriert. Diese Entwicklung verdankt der Tatort nicht nur neuen Ermittlern wie Til Schweiger, sondern allen voran seiner Tradition, die über die sozialen Netzwerke nun auch zu den Vertretern der 25-45-jährigen transportiert werden konnte.

Der Tatort wird zum Ritual. Man trifft sich mit Freunden, um gemeinsam zu rätseln, mitzufiebern und den Täter zu entlarven – zuhause oder an einem Public Viewing-Point wie beispielsweise in einer Kneipe oder einer Bar. Manch einer verbittet sich jegliche telefonische Störung oder zieht kurzerhand den Telefonstecker. Der Tatort wird in mehr und mehr Haushalten zu einem festen Ritual. Die Ermittlerteams ernten dabei unterschiedlich viel Sympathie, doch auch ein schlechter Tatort hat nicht unbedingt schlechte Quoten. Es ist der Kult – denn hinterher reden alle (miteinander) darüber, und wer möchte schon gern derjenige sein, der nicht mitreden kann?